Alte Segelschiffe

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Seit ich als Kind das illustrierte “Silva-Buch” Robinson Crusoe gelesen habe, faszinieren mich Segelschiffe.

Später habe ich mich durch alle Hierarchiestufen des Horatio Hornblower – vom Fähnrich bis zum Admiral – durch elf Büchern durchgelesen.
Eine willkommene Abwechslung zu den Mädchen-Jugendbüchern dieser Zeit, in denen Demut, Fleiss und Selbstlosigkeit zum Schuss belohnt wurden: mit einem Mann.

Die von C.E. Forester erschaffene Romanfigur Hornblower zeichnete sich durch Tapferkeit, Entschlossenheit und Intelligenz aus. Das gefiel mir besser.

Mein Traum von einer Hochseefahrt erfüllte sich, als ich mit 60 Jahren allein mit 21 Seemännern auf dem grossen Frachter “Independent Pursuit” den Atlantik überquerte (Antwerpen – Liverpool – Philadelphia).

Noch fehlte das Erlebnis Segelschiff.

Nun habe ich auf einem Dreimaster übernachtet, bin mit einem anderen gesegelt und habe ähnliche Schiffe gesehen.
In Bremen ist das möglich! Bequem und ohne Strapazen.

Ich kam abends in Bremen an und fuhr zum Standplatz der “Alexander von Humboldt” mitten in Bremen, bei der Liebfrauenkirche.
Freundlich wurde ich an Bord willkommen geheissen. Die Bark wird heute als Hotel- und Gastronomieschiff genutzt.

Das Schiff wurde 1906 in einer Bremer Werft gebaut. Zuerst hiess es als Feuerschiff “Reserve.Sonderburg”. Es war mit Laternenmast und Leuchtfeuer ausgestattet und wurde quasi als schwimmender Leuchtturm an verschiedenen Orten eingesetzt. In der 80-er Jahren ging die Geschichte der bemannten Feuerschiffe zu Ende.

Nun begann die zweite Karriere als Sail Training Schiff “Alexander von Humboldt”. Das Schiff wurde mit Hilfe vieler Freiwilliger zur Bark umgebaut und erfahrene Seeleute, sogenannte “Salzbuckel”, segelten das Schiff mit jungen Nachwuchsseglern ein.
So geht altes Segel-Wissen nicht verloren.

Bierwerbung (Wikipedia)

500’000 Meilen segelte die “Alexander von Humboldt” mit Seeleuten in Ausbildung, 12 Mal über den Atlantik und zwei Mal um das Kap Hoorn.

Daten:
Länge: 62,55 Meter, Breite: 8,02 Meter, Grossmast Höhe: 34 Meter, Segelfläche 1035 Quadratmeter.

Bekannt wurde das Schiff durch die Bierwerbung: Beck’s Bier.

Die dritte Karriere ist die aktive Pensionierung: Das Schiff liegt zwar fest, aber es läuft noch viel an Bord. Es wird gefeierte, gelacht, gegessen und geschlafen.

Ich bekam meine Kabine “Trainee 4” angewiesen.

Fast senkrecht führte die Treppe in den Schiffsbauch.

Alles ist eng, aber durchaus komfortabel.

Das Essen ist währschaft: Schweinebraten, Kartoffeln und Bohnen. Dazu gehört ein Beck’s Bier.

Ans ortstypische Labskaus habe ich mich nicht gewagt.

Langsam wurde es bei gemütlichen Gesprächen Nacht und ich schlief bestens in meinem Kajütenbett.

Am Morgen machte ich mich mit Rollkoffer auf, um Bremen zu entdecken – eine wunderschöne Stadt.

Wirklich gesegelt bin ich mit der Mercedes, allerdings nur auf der Weser.

Als die Weser zunehmend versandete und Schiffe nicht mehr bis ins Zentrum von Bremen fahren konnten, wurde 1622 in Vegesack der erste künstliche Hafen Deutschlands gebaut. Von dort wurde die Ladung auf kleinere, leichtere Boote umgeladen und in die Stadt geschippert. Als der Seehandel ab 1823 über Bremerhaven abgewickelt wurde, verlor der Vegesacker Hafen an Bedeutung.
Heute findet man in Vegesack den “Museumshaven” mit 23 historischen Schiffen.

Mehrere gleiche Skulpturen von Frauen schauen aufs Meer hinaus – sie erinnern an die unzähligen Frauen, die an Land auf ihre Männer warteten. Oft vergebens.
Nur eine Skulptur ist auf das Landesinnere gerichtet, ein Mann. Warum wohl?

Anlässlich des Besuches des Vegesacker Hafenfestes konnte ich mit der Mercedes fahren.

Am Hafenfest in Vegesack spielten Musikformationen aus verschiedenen Ländern auf mehreren Bühnen und Seeleute gruppierten sich und sangen spontan Seemannslieder. Hafenfest 2018

Interessant waren Gespräche mit der Besatzung aus verschiedenen Ländern. Ein erfahrener Engländer beispielsweise hatte einen holländischen Abiturienten unter seine Fittiche genommen. Beide schwärmten von den Fahrten von Hafen zu Hafen quer durch die Meere, wo jeweils Tagesfahrten für Kreuzfahrtpassagiere und Touristen angeboten werden. Im Sommer bei Festivals in Europa, im Winter ab St. Maarten in der Karibik.

Zu beobachten, wie die Segel ausgerollt wurden, war interessant – ein Wunder bei den vielen Seilen!

Auf Helgoland sah ich ein paar Leute mit einem kleineren Segler auslaufen – und beneidete sie. Irgendwie impliziert Segeln Freiheit.

Schliesslich entdeckte ich auf der Rückfahrt von Helgoland weit weg ein grosses Segelschiff. Es käme von Peru, erzählte die Besatzung – und ich musste lachen: Wie einst Paddington Bär.

Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.

Aristoteles

Informationen
Ich danke der BTZ Bremer Touristik Zentrale für diese Reise und Marion Martin für die freundliche und kompetente Begleitung.
BTZ bietet verschiedene Führungen auf Schulschiffen und in Hafenanlagen an.

Für Schnellentschlossene: Vom 8.9. bis am 10.9. 2017 ist die Mercedes an den Hamburg Cruise Days. Reise-Anbieter beispielsweise Railtour.

Meine Bloggerkollegin Tanja hat mit der ganzen Familie in Bremen eine Nacht auf einem Schiff in Klabauterbetten übernachtet. Hier ihr Bericht.

Weitere Blogbeiträge von Bremen folgen.

Hörbuch Robinson Crusoe

Musik
Seemannslieder
Sail away Joe Cocker
Filmmusik Pirates of the Caribbean

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  1. Ritanna

    So verdakkelt wie die Mercedes und noch andere alte mächtig grosse Segelschiffe sind, lassen die Bilder jeglicher Fantasie Raum.

    Drei Tage und drei Nächte auf dem Segelschiff auf kleinem Innensee zu verbringen; nachts einzuschlafen mit einem Glucksen des Wassers und dem leisen Schaukeln zum Einschlafen – das sind Ferien pur. Wer danach zu Land mit Matrosenschritt die Erde schwankend wieder erobert, kennt das daunenhafte Gefühl.
    Doch auf riesigen Segelschiffen, stelle ich mir die Verdackelung der Internetstrassen – als Strassenschiffe im All vor, – mit unheimlich vielen verknoteten Seilen an Masten – die wohl angeboten werden, doch nur die Mutigsten, die Piraten setzen sich oben in die Körbe. Sie halten Ausschau nicht nach Land, nein auf naive Anwender im Gewirr der Seile, Stricke und zugeknoteten Segeln. Sie beherrschen die Kunst des
    Segeleinziehens bevor nur irgendeiner Lunte gerochen hat. Sie, sie geniessen die Freiheit grenzenlos über den Wolken – und die Erde scheint “munzig” und klein.
    Fische verheddern sich in den Fangnetzten, aus dem sie sich nicht mehr befreien können. Da widerhallt das grausige gläserne Gelächter der Piraten an den Blanken der Schiffe.
    Fantastisch, die Möglichkeit einer eigenen Piratenschiffahrt – nur schon in Gedanken, verschweige denn hinauf bis in die Barents-Seee, zu den Spitzbergen.

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