Schloss Chenonceau

Print Friendly, PDF & Email

Ist es eine Brücke oder ein Schloss? Beides!

Das macht Schloss Chenonceau im Loiretal einzigartig.

Man kann sich vorstellen, dass der kleine Rosenstock im Vordergrund das ganze Schloss überranken könnte – so stellt man sich das Dornröschen-Schloss vor. Dafür wäre dann der Chefgärtner Nicholas Tomlan zuständig. Und Chef-Florist Jean-François Boucher würde damit das ganze Schloss mit wunderbaren Rosenarrangements schmücken.

Das Besondere an Chenonceau sind für mich diese beiden Fachleute und ihre Teams. Sie machen aus einem historischen Bauwerk ein Märchen.

Anders als bei Dornröschen würden aber auch andere Blumen das Schloss hochranken, beispielsweise Klematis. Gärtner und Floristen von Chenonceau lieben die Artenvielfalt. Das erkennt man besonders beim Besuch des “Küchengartens”, den mir Nicholas Tomlan mit Begeisterung zeigte. Er nahm sich viel Zeit, seine Arbeit zu erklären und von seinen Visionen zu erzählen.

Wie kommt ein Amerikaner als botanischer Direktor nach Chenonceau, dem am meisten besuchte Privat-Schloss Frankreichs? Nicholas Tomlan sammelte 15 Jahre Erfahrungen bei den Longwood Gardens in Pennsylvania. Mit seiner französischen Frau kam er schliesslich nach Chenonceau – und Chenonceau hat Glück, ihn zu haben!

Im Küchengarten, “Potager”, wachsen viele Gemüse und Kräuter, die der Gastronomie zugeführt werden, dem hochkarätigen Schlossrestaurant “Orangerie”.

Nicholas Tomlan experimentiert gern.
An diesen Bögen könnte sich nächstes Jahr Hopfen ranken.

Der Garten soll mit allen Sinnen erfasst werden. Es gibt “Instrumente”, die gern ausprobiert werden.

Die Kleinen entdecken ein paar Streicheltiere und mitten im Garten wohnen Bienen in ihrem Turm.

Im Baum gegenüber hängt ein wilder Bienenschwarm. “Unsere Bienen haben sich erfolgreich zur Wehr gesetzt. Sie formierten sich am oberen Rand des Turmes, wie Soldaten auf den Wehrgängen einer Burg. Der fremde Schwarm ist jetzt nur noch klein, die Bienen sind daran, weiter zu fliegen”, erzählt Nicholas Tomlan.

Die Verwaltung des Schlosses ist in Nebengebäuden untergebracht, so auch die Büros von Tomlan und Boucher. Diese Gebäude haben fast mehr Charme als das Schloss.

Hier befindet sich auch das kleine Atelier von Chef-Florist Jean-François Boucher.

Hier stehen Blumen zur Verarbeitung bereit, Vasen und floristische Accessoires sind fein säuberlich in den Regalen versorgt.

Die obere Türe steht offen, wenn Jean-François Boucher mit seiner Kollegin hier arbeitet.

Die Besucher schauen rein und beide Blumen-Fachleute sind immer für ein freundliches Gespräch bereit.

Ich darf eine eigene Kreation wagen und bin ziemlich stolz auf mein Werk, das ich aber gern verschenke – es ist 30 Grad heiss und ich bin ja am Herumreisen.

Nach meiner kreativen Phase nehmen mich die beiden Floristen in die Mitte und vorbei an den langen Warteschlangen gehen wir direkt ins Schloss. Niemand motzt, die blauen Schürzen weisen die beiden aus. Die Floristen von Chenonceau sind weit herum bekannt.

Im Schloss drin komme ich kaum mehr aus dem Staunen heraus. Die Blumen-Objekte harmonieren mit der Umgebung, sind unglaublich kunstvoll.

Manche Arrangements werden vor Spiegeln positioniert.

Farben noch Formen sind zielbewusst gewählt.

Die floristischen Kreationen scheinen mit der Umgebung zu verschmelzen.

Gekonnt gibt es wie bei einer Kompositionen Wiederholungen.

Blumen-Sinfonien…

mit Blumentonleitern…

wie floristische Fugen…

Blumenkonzerte.

Fotos wirken wie Gemälde.

Selbst die Küche ist ein Blumenmeer.

Es lohnt sich, auf kleine Details zu achten.

Man vergisst beinahe, auf die architektonischen Schönheiten des Schlosses zu achten.

Der lange Korridor der eigentlichen Brücke war im 1. Weltkrieg ein Lazarett.

Selbst solche emotionalen Aspekte kann Jean-François Boucher mit Pflanzen ausdrücken.

Auch kulinarisch hat Chenonceau mit dem Gourmet-Restaurant “Orangerie” etwas zu bieten. Ich beschränke mich hier auf Desserts. Die Teller bekommen vor dem Servieren individuellen Blumenschmuck aus Schokolade und Gelees.
Auch Vorspeisen und Hauptgänge zu zeigen, hiesse wohl ziemlich gemein “Den Speck durchs Maul ziehen”.

Schloss Chenonceau wird wegen der Floristik besucht, aber auch wegen der Gärten.

Die Gärten von Catherina von Medici und von Diane de Poitiers sind anders als der Küchengarten – ich mag Renaissance-Gärten nicht besonders. In strikte Form gezwängte Natur. Sogar ein Labyrinth gibt es, wo sich vielleicht schon die Gattin von Heinrich II, Katharina von Medici, und vorher seine Maitresse Diane de Poitiers amüsiert haben. In Chenonceau wurde geliebt, gestritten, gelitten, gelebt und gestorben. Das spürt man.

Anders als beispielsweise im gigantischen Schloss Chambord…

… das scheinbar ein Prestigeobjekt war. Wer möchte schon an einem solchen Ort wohnen? Ich war da, werde aber nicht darüber schreiben.
Wohl aber über Chaumont und Cheverny, wo ich genauso gern war wie in Chenonceau.

Man könnte noch viel über Schloss Chenonceau erzählen, seiner wechselhaften Geschichte nachgehen.Am besten vertieft man sich in Reiseführer zum Loiretal und liest sich ein paar Schlösser aus, die einen ansprechen. Man kann gemütlich mit dem Zug nach Tours oder Orléans fahren und von da aus mit einem Mietauto die Welt der Loireschlösser entdecken. Es gibt ganz tolle B&Bs.

Beispielsweise das Maison Jules in Tours.

Das Stadthaus, nahe beim Bahnhof gelegen, wirkt von aussen wie ein herrschaftliches Stadthaus. Öffnet sich das Tor, ist man in einer Gartenlandschaft.

Die Zimmer sind geschmackvoll eingerichtet, Schlafzimmer und Badezimmer riesig.

Im Loiretal lässt sich gut leben. Weitere Beiträge folgen.

Wir zerstören Millionen Blüten, um Schlösser zu errichten,
dabei ist eine einzige Distelblüte wertvoller als tausend Schlösser.

Leo (Lew) Nikolajewitsch Graf Tolstoi

 

Jean-François Boucher hat einen Bildband mit dem Titel “Floral Delights – Délices de fleurs” herausgegeben. Er kombiniert Blumen mit Nahrungsmitteln – beispielsweise mit Heubeeren oder Tomatenspaghetti.

 

 

 

 

Musik
Renaissancemusik in einem Loireschloss
Französische Barockmusik

Informationen
A tout France
Schloss Chenonceau
Loiretal
Touraine und Loiretal
Loiret
Ich danke obigen Organisationen für diese Reise, ganz besonders Elodie und Caroline!

Vorheriger Beitrag

Korsika

Nächster Beitrag

Zeitzeichen – Zeitweichen

  1. Ritanna

    Schloss Chenonceau, also da würde ich jetzt jeden Tag hingehen, so wie in eine Kirche und jeden Tag die Blumen die Blumenkunstwerke und auch die anderen, einfach geniessen und mit allen Sinnen in mich aufsaugen, staunend betrachten.
    Dies alles ist wohl ein Geschenk des Himmels.

  2. Marcel

    Schon einige Einsendungen durfte ich von Ihnen “geniessen”. Vielen hezlichen Dank dafür. Mir gefällt Ihre Home-Page sehr gut. Sie ist etwas fürs Auge und auch für die Seele. Ich freue mich, weiterhin Ihre interessanten Artikel lesen und die wundebaren Bilder mir anschauen zu dürfen.
    Freundlich grüss Sie Marcel

  3. Mary

    Einer der schönsten Beiträge! Bin stolz auf dich <3

  4. Rita

    Wunderschöne Bilder. Ein wahrer Genuss für das Auge. Herzlichen Dank.

Schreibe einen Kommentar

© Regula Zellweger | Alt werden kann ich später | Datenschutzerklärung| Impressum

Contact Us

Neue Beiträge abonnieren

Hier registrieren, um automatisch benachrichtigt zu werden.