Vom Ei zum Huhn

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Ein Wunder: Würmer und Kerne vorne rein – Ei hinten raus.
Brüten – und das Küken ist da.

Nie mehr werde ich achtlos mein Frühstücksei köpfen, nachdem ich eine tolle Führung in der Ausstellung “Vom Ei zum Huhn” im Museum Natur und Mensch in Freiburg im Breisgau erlebt habe.

Ich stolpere immer wieder ahnungslos in wunderschöne Geschichten. So in Freiburg im Breisgau, einer faszinierende Stadt, keine zwei Stunden mit SBB und DB ab Zürich.

Ich flaniere durch die hübsche Gerberau mit den vielen kleinen Läden und plötzlich zieht mich ein Plakat …

in ein Altstadthaus.

Immer meine erste Frage: “Darf ich fotografieren?” Dazu zeige ich meinen Presseausweis – und schon bin ich in der Mühle drin. Bei Journalisten muss der nette Herr am Empfang einen Fachmann beiziehen.
Mit anderen Worten: Ich bekomme eine hervorragende individuelle Führung mit Norbert Widemann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Naturkunde.

Nach einem ersten Überblick folgt man der Entstehungsgeschichte Schritt für Schritt.

Um es gleich vorwegzunehmen: Menschen kennen zu lernen, die ihren Beruf lieben und begeistert darüber berichten, empfinde ich immer als ein grosses Geschenk. Norbert Widemann ist so ein “Menschengeschenk”.
Er erklärt mir – und allen Besuchern, die mithören wollen – den Weg vom Ei zum Huhn.

Er beleuchtet beispielsweise ein befruchtetes Ei mit einer Taschenlampe, sodass man die Adern in der Eihaut sehen kann.

Aber beginnen wir am Anfang der erstaunlichen Wundergeschichte. Denn welcher Roboter könnte innert 24 Stunden ein Ei produzieren, aus dem ein Küken schlüpfen wird?Das Wunder geht gleich weiter, am 21. Tag schlüpft ein Küken.

Es rennt gleich herum, isst und trinkt – wenn das doch bei den Menschenjungen auch so wäre. Wir kommen nur halb ausgebrütet zur Welt.

Im Museum brüten keine Hennen, sie wäre zu sehr durch die Besucher gestört. Norbert Widemann erzählt, dass das Museum Eier von privaten Züchtern von spezie rara, von seltenen Sorten zum Ausbrüten erhalte.
Die befruchteten Eier werden auf einen Rost mit drehbaren Stäben gelegt. Die Hennen lagern ihre Eier immer mal wieder um. Im Museum erledigen das Mitarbeitende, die abwechslungsweise “Kükendienst” haben.
Ab dem 18. Tag werden die Eier ruhig gestellt. Das Küken bereitet sich auf seine Ausbruchsversuche vor, die rund einen Tag dauern können.

Im Museum Natur und Mensch werden verschiedenfarbige Eier ausgebrütet: schokoladenbraune, weisse und grüne. Die grünen werden von ursprünglich aus Südamerika stammenden Araukaner Hennen geliefert.
Wie die Hühner nach Amerika kamen? Lange vor Kolumbus haben die Polynesier die zuerst in Südostasien vorkommenden Hühner nach Amerika gebracht.
Heute sind sogar die Hühner globalisiert. Sie werden weltweit verspeist.

Die weissen Eier legt das Deutsche Sperberhuhn, daraus kommen die dunklen Küken. Die Schokoeier weiss ich nicht mehr! Ich habe einfach kapiert, dass die Eierfarbe nicht der Farbe des produzierenden Huhnes entspricht. Das beweisen die grünen Eier im Museum.

Zu Beginn des Schlupfvorgangs zieht das Küken seinen Kopf unter dem Flügel hervor. Auf seinem Schnabel sitzt ein Hornhöcker als “Geburtswerkzeug”, der Eizahn. Haben die Küken erst mal ein Loch in die Schale gepiekst, atmen sie durch die Lunge. Indem sie die Füsse abstemmen, unterstützen sie die “Kopfarbeit”. Etwa im Stundenrhythmus sieht man die Eier ruckeln, danach schläft das Hühnerbaby wieder. Dies zu beobachten fasziniert Kinder und Erwachsene.

Dieser “Geburtskasten” ist an der Wand festgeschraubt. Würde er am Boden stehen, würde die Erschütterung durch die trampelnden Besucher den Schlüpfvorgang stören. Die Küken würden “pränatal gestresst”.
Die Feuchtigkeit der Eihaut muss erhalten bleiben. Norbert Widemann sprayt etwas Wasser auf die Eier – und aus dem Innern erklingt empörtes Piepsen.
Und die Museumbesucher schmelzen hin…

Haben die Küken es schliesslich geschafft, sind sie erledigt und nass verklebt.
Schnell ist der Flaum trocken und die flauschigen Kügelchen rennen mit den anderen im Gehege herum.

Was sich da wichtig als Eule präsentiert ist ein kleines Huhn.

Die Küken sind extrem neugierig.

Nach zwei bis drei Wochen kommen sie zurück zu ihrer Verwandtschaft, damit sie sich sozial-normal entwickeln können.

Die Züchter sind oft froh, dass das Museum “Bruthilfe” anbietet und sie gesunde Jungtiere zurückbekommen. Rund 300 Eier werden jährlich in der Osterausstellung “museal” ausgebrütet.

Die Küken werden vom Museumspersonal liebevoll gepflegt, neben dem vitaminreichen Kraftfutter gibt es auch mal Würmer zu picken. Die Küken sind vor dem Zugriff begeisterter Kinder durch Glasscheiben geschützt.
Wer würde nicht gern ein solches Federbällchen im Kinderzimmer halten?

Sein zukünftiger Beruf ist heute schon klar: Er wird Zuchthahn!

Flache Papphühner und ausgestopfte Exemplare vermitteln die Atmosphäre eines ganzen Hühnerhofes.

In weiteren Räumen gibt es Informationen zum Ei in den verschiedenen Kulturen.

Sogar zur Schöpfungsdarstellung wurde das Ei verwendet.

Im Frühling haben Eier Hochkonjunktur und der Osterhase arbeitet im Akkord. Aber auch der Storch, der Fuchs und sogar der Kuckuck soll Eier bringen. Naja, wer’s glaubt!

Einen Elefantenvogel von 3.5 Meter Höhe MUSS es gegeben aber haben, das beweist das ausgestellte Riesenei. Hundert Mal so gross wie ein Hühnerei. Das muss ein Grossfamilien-Rührei geliefert haben!

 Hätte ich bei der Hühnerfee einen Wunsch frei, würde ich mir ein Appenzeller Spitzhaubenhuhn wünschen!

 

Freiburg liegt auf der Höhe von Colmar auf der rechten Seite des Rheins. Nicht weit – ein Tagesausflug. Es lohnt sich aber etwas länger zu bleiben. Die Freiburger sind Geniesser. Kaum scheint die Sonne, scheinen überall Gartenrestaurants aus den Pflastersteinen zu spriessen.

Ich habe mir zum Ziel gesetzt, die beiden Freiburg zu vergleichen. Gestern kam ich aus Freiburg im Breisgau zurück, voller positiver Eindrücke, übernächste Woche geht es nach Freiburg im Üechtland, Fribourg.  Bald also mehr dazu im Blog.

 

Wie’s Ei, so’s Hennele.

Schwäbisches Sprichwort

 

Camille Saint-Saens: Hühner und Hahn aus Karneval der Tiere

Hühnertechno

Ich wollt ich wär ein Huhn

 

Informationen zu Freiburg im Breisgau:

Schwarzwald Tourismus GmbH

Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH

 

Kükenausstellung in Fribourg CH

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  1. Rita

    So schön! Bericht und Bilder gefallen mir sehr.

    Ich warte gespannt auf deine Gegenüberstellung der beiden Freiburg!

  2. Ritanna

    Hei ei ei eieiei, vom Ei zum Kücken und zum Huhn, dabei ist der “Güggel” das Wichtigste. Habe jetzt in dieser Hinsicht noch nichts gehört von künstlicher Besamung. Eben, eine Hühnerschar ohne Hahn legt wohl Eier, doch sie sind unbefruchtet.
    Ja es ist halt so, früher, noch in den fünfziger Jahren war noch fast hinter jedem Haus ein Hühnerhof. Also dezentralisiert, heute sind die Hennen, Kücken zentralisiert in Farmen.
    Wir als Kinder haben die ganze Eier- Kücken- Hühner mit Hahn Entwicklung buchstäblich selbst begriffen und erforscht. Wir sind damit aufgewachsen.
    Heute, im Kindergarten gibt es hie und da “Eier ausbrüten bis zu Kücken schlüpfen” ein Projekt. Da ist sogar die Kindergärtnerin froh, dass ich meine Erfahrung einbringe und die Eier betreue übers Wochenende.
    Für die Kinder ist es faszinierend.
    Ein lebendiges Museum ist das in Freiburg. Mich freut es.

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