Veränderungen

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30. Mai 2020

Ideen für die Cocooning-Zeit

Die Corona-Vorschriften werden nochmals stark gelockert, auch wenn man nicht in der gewohnten Alltagsgestaltung vor Corona zurück ist.
Viele Türen, die für einige Wochen verschlossen waren, öffnen sich wieder.

Es wäre schade, würde man mit der Rückkehr zur “Normalität” wieder in alte Wagenspuren fallen. Die Veränderungen, welche die Krise mit sich brachte, sollen dazu genutzt werden, bewusst den eigenen zukünftigen Lebensstil zu gestalten. Mit Leichtigkeit, Lebensfreude und der Zuversicht, Herausforderungen bewältigen zu können.

Als kleines Kind versteckte man sich bei einer Begegnung mit Erwachsenen gern hinter der Mutter. «Gib Frau Meier brav die Hand», hiess es dann. Und ein Leben lang hat man brav die Hand zum Gruss hingestreckt. Es war «normal».


Und nun ist alles anders. Man darf nicht. Langsam gewöhnt man sich daran – und findet es vielleicht gar nicht so schlecht. Man hat sich angepasst, sich verändert. Obwohl man das nicht unbedingt wollte. Das ist der Lauf des Lebens. Das ist Entwicklung.

Man kann die Welt verändern. Eher unwahrscheinlich. Man kann sich selbst verändern. Gute Erfolgschancen. Man kann sich gegen Veränderungen sperren. Möglicherweise eine verpasste Chance.
Generell: Man kann sich nicht nicht verändern.

«Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert», meinte Albert Einstein treffend. Oft steht man Veränderungen ambivalent entgegen. Sagt: «Ja, aber» und «eigentlich». Und bleibt passiv.

Veränderungen im Leben eines Menschen werden meistens von aussen ausgelöst. Man reagiert auf eine neue Gegebenheit. Andere Veränderungen geschehen intrinsisch: Man spürt selbst, dass man etwas verändern möchte. Grundsätzlich sind die meisten eher «veränderungsfaul». «Es war doch schon immer so», warf man als Argument in die Waagschale. Na und?

Veränderungen wird oft erst einmal Widerstand entgegengesetzt. Manchmal auch, wenn man selbst etwas ändern möchte. Schuld ist dann der sogenannte «Innere Schweinehund». Ein unschönes Wort für eine innere Instanz, die veranlasst, eine Sache vielleicht besser der Realität anzupassen.

Veränderungen bewegen. Damit sie in eine gute Richtung bewegen, gilt es, bewusst zu entschieden, was man will. Denn etwas müssen hat eine andere Wirkung auf die Befindlichkeit als etwas wollen. Müssen soll man möglichst im Alltag streichen und mit Wollen ersetzen.

Wie zuversichtlicher würden beispielsweise Jugendliche den Einstieg ins Erwerbsleben erwarten, hätten sie nicht ihr ganzes junges Leben lang – mit entsprechender Mimik und in negativem Tonfall – gehört: «Ich muss arbeiten gehen!» Motivierender wäre zu erfahren: «Ich will arbeiten gehen – weil es mir Freude macht, weil mich diese Herausforderungen weiterbringen, weil es mein Leben interessant macht.»

Die Krise hat zu Veränderungen gezwungen: Homeoffice, Homeschooling, keine Ferienreisen in die weite Ferne, Essen zuhause, keine Teilnahme an Anlässen, bei denen man meinte, man müsse teilnehmen, mehr Nachbarschaftshilfe, mehr Nähe in der Familie, weniger shoppen, weniger Vereinsleben… Eigentlich konnte man in dieser Zeit viel ausprobieren und allenfalls Vorurteile abbauen.

Es gilt, sich Fragen zu stellen: Brauchen die Kinder wirklich eine bis in die letzte Minute straff organisierte Freizeitgestaltung. Will ich 100 Prozent arbeiten? Wozu will ich mein Geld ausgeben? Wie will ich weiterhin Zeit in der Natur verbringen? Will ich so viele kulturelle Anlässe besuchen oder stattdessen selbst musizieren, malen, zeichnen, lesen?

Wie will ich mich beispielsweise für ältere Menschen engagieren? Nicht alle bekamen erst durch die Krise keinen Besuch. Will ich Kreuzfahrten machen, oder erhole ich mich besser, wenn ich mich in ein Chalet in die Berge zurückziehe? Brauche ich so viele Schuhe und Kleider? Fühle ich mich besser, wenn ich viel konsumiere? Letztlich geht es darum zu entscheiden: Was ist mir wirklich wichtig – jetzt, nach den neuen Erfahrungen.

Dass man aufgrund von Entwicklungen Gewohntes loslassen muss, ist nicht neu. Beispielsweise beruflich. Schon vor 1881 haben Gotthardpostkutscher vorhersehen können, dass sie ihre Arbeit verlieren werden. Es lag in ihrer eigenen Verantwortung, ein neues, existenzsicherndes Auskommen zu finden.

Auch heute sind durch die Krise Existenzängste wieder präsenter. Man weiss noch nicht, wie sich die Erwerbslosenzahlen entwickeln. Man kann sich entscheiden, zu jammern und die Krise verantwortlich zu machen.

Oder man kann neue Wege begehen, um durch Weiterbildung arbeitsmarktattraktiv zu werden, etwas aufzubauen, das den veränderten Bedürfnissen entgegenkommt. Denn wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.

Offenheit für Neues bringt positive Veränderungen, wenn man dabei die eigenen Werte nicht aus den Augen verliert. Dazu muss man sie kennen und Prioritäten gesetzt haben. Und man soll loslassen können.

Um es mit André Gide zu sagen: «Man entdeckt keine neuen Erdteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.»

Risikofreude und Frechmut zum Ausprobieren sind in satten Zeiten eher gering.

Die Geschichten, die wir in der Zukunft Kindern und Enkelkindern erzählen werden, erleben wir nicht nur heute, wir gestalten und bewerten sie auch heute. Jetzt entschiedet jeder, wie er dereinst vom Jahr 2020 erzählen wird. Werden die Geschichten von Ohnmacht, Ängsten, Problemen, Enttäuschungen und dem Verlust von Leichtigkeit und Lebensfreude geprägt sein?

Oder wird von komplexen Herausforderungen erzählt, von schwierigen Zeiten, die man aber erfolgreich gemeistert hat? Oder wird betont, dass diese Krise ein Auftakt für ein zufriedeneres, sinnstiftendes, Leben in einer neuen Balance war.

In China sagt man: «Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.»

Gerade  jetzt, in der Zeit, in der sich die beengenden Vorschriften lösen, gilt es, nicht gedankenlos ins alte Hamsterrad zurück zu eilen, sondern die alten Verhaltensmuster zu hinterfragen und sich die Freiheit zu geben, neu zu entscheiden.

Jetzt ist eine gute Zeit, Veränderungen selbst herbeizuführen. In den letzten Wochen wurde verändert, wovon man meinte, es sei in Stein gemeisselt. Meinen ist nicht wissen.

Ausprobieren ist angesagt. Alte Zöpfe abschneiden, Entscheide fällen, neue Ziele anpeilen und bewusst die Chancen wahrnehmen, welche die Krise beinhaltet. Mit Zuversicht annehmen, was ist. «Wer weiss, wozu es gut ist?»

Und im Rahmen der Möglichkeiten eigenverantwortlich für zukünftige Lebenszufriedenheit sorgen.

Jede Veränderung beginnt in uns.

Dalai Lama

10 Ideen
– Auflisten in drei Spalten: Das will ich… nicht mehr – wieder – neu.
– Eine Collage machen, wie das Leben neu sein soll.
– Mit jemandem diskutieren: Welche Chancen hat die Krise gebracht? Welche weiteren Veränderungen lassen sich bereits erahnen?
– Wie bereite ich mich vor?
– Veränderungen erfordern meist Energie. Auflisten, wie man Energie tanken kann.
– Eine Liste erstellen, bei wem man Unterstützung für die Veränderungsarbeit   bekommen kann. Nach Themen gliedern.
– Wie will ich die von mir gewünschte Zukunft ausprobieren?
– 10 neue Meinungen oder 10 neue Verhaltensmuster definieren, die nach der Krise zu meiner Lebenszufriedenheit beitragen.
– Das eigene Verhaltensmuster beobachten, wie man mit Veränderungen umgeht. Änderungsbedarf?
– Welchen Ballast will ich loswerden?

Musik
La Sonnambula von Bellini bearbeitet für Klavier von Sigismond Thalberg
Norma von Bellini bearbeitet für Klavier von Sigismond Thalberg
Traviata von Verdi bearbeitet für Klavier von Sigismond Thalberg
Homage an Rossini für Klavier von Sigismond Thalberg

Arbeitsmittel
Auch wenn ich jetzt vor allem als (Reise)Journalistin arbeite, so bin ich meinem Beruf als Psychologin/Laufbahnberaterin doch noch immer sehr verbunden.
Für die Lebensgestaltung nach der Krise hilft es vielleicht, mit Fragebogen zu arbeiten.
Hier findet man eine Auswahl.

Einige Beispiele:
Entscheiden und loslassen
lebensperspektiven
vonsterbendenlernen
meinethemen
uebergaenge
entscheiden7x7

Buchtipp
bestellen
Aufbruch in die zweite Karriere (vergriffen)
Über Amazon oder mich erhältlich.

 

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  1. Ursula Schmid

    Liebe Regula wie Recht du doch hast. Ja das Stillehalten ist kein Stillstand. Veränderungen, loslassen, Zentrierung von Körper und Geist. Ich habe jetzt 2 Monate mich mit buddhistischer Meditation auseinander gesetzt und so zur Ruhe gefunden. Das werde ich auf alle Fälle weitermachen. Nebst dem Umzug, musste ich sowieso vieles Loslassen, mich neu orientieren. Und ich freue mich auf jeden neuen Tag. Es sprudelt voller Ideen was ich alles machen kann. Bald ist alles an Ort und Stelle und kann so richtig loslegen. Neues zu entdecken.

    • Regula Zellweger

      Deinen mutigen Aufbruch ins Glarnerland bewundere ich! Ein Neustart im Pensionsalter. Für den ich Dir weiterhin alles Gute wünsche. Einer meiner nächsten Blogbeiträge kommt hoffentlich aus dem “Zigerschlitz”. Ich freue mich, wenn Du mir Deine neue Heimat zeigst. Ich wollte schon lange mal der Glarner Textilindustrie nachgehen.

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