Zwischen den Meeren

Sehnsucht nach dem Meer. Wann werden wir Schweizer wieder die Weite des Meeres, den salzigen Seewind und das Plätschern der Wellen geniessen können?

Wir können jederzeit in Erinnerungen schwelgen und vom Meer träumen. Es muss keine Palmeninsel in der Südsee sein. Bereits im nördlichen Nachbarland können wir gleich zwei Meere geniessen: In Schleswig-Holstein.
Mit dem Nachtzug nach Hamburg kommt man bequem in die Region.

“Moin”. Ein Mal. Nicht zwei Mal: “Moinmoin”.
So begrüsst man sich in Deutschlands echtem Norden. Im Bundesland “Schleswig-Holstein, meerumschlungen”.

Man fährt an die Nordsee in den Urlaub. Oder an die Ostsee. In Schleswig-Holstein hat man den “Fünfer und das Weggli”. Das Land zwischen Nordsee und Ostsee hat viele Facetten, die zu entdecken Spass macht.

Nördlich der Elbe und südlich von Skandinavien machen “Fischköppe” und “Landratten” gern Ferien, aktive und eher passive Lebensgeniesser, Stadt- und Landmenschen, Kulturbanausen und Kunstliebhaber – wer sich gut auf diese Region vorbereitet, kann sich seine Ferien massschneidern auf die eigenen Bedürfnisse.

Meine Herbstreise begann mit dem Nachtzug nach Hamburg.

Erste Station nach Hamburg war Lübeck. Über die Marzipanstadt habe ich bereits gebloggt. Danach besuchten wir die kleine Ostseestadt Kappeln und das Ostseebad Damp. Quer durch Schleswig-Holstein erreichten wir den Nordseeort St. Peter Ording. Und von Hamburg fuhren wir mit dem Nachtzug wieder zurück nach Zürich.

Ich war bereits früher in Schleswig-Holstein. Und würde gern immer wieder hinreisen. Ich liebe beispielsweise die Theodor Storm-Stadt Husum.

Schleswig-Holsteins Küsten umfassen rund 644 Kilometer an der Nord- und 686 Kilometer an der Ostsee. Die grössten Städte sind die Landeshauptstadt Kiel, Lübeck und Flensburg. Die grössten bewohnten Inseln sind Sylt, Fehmarn, Föhr, Amrum, Helgoland und Pellworm. Mit neun Einwohnerinnen und Einwohnern ist die Hallig Gröde die kleinste Gemeinde des Landes.

In Lübeck lachten mich am Frühstücksbuffet Eier an. Ich wäre gern länger in Lübeck geblieben. Aber nun ging es nordwärts nach Kappeln. Die kleine Stadt liegt an der Schlei nahe der Ostsee im Kreis Schleswig-Flensburg. Hier wurde von 1986 bis 2012 “Der Landarzt”, einer Fernsehserie des ZDF gefilmt.

Erste Station war die Hafenstadt Kappeln.

Von Süden erreicht man Kappeln über eine Klappbrücke.

Neben der Brücke erkennt man einen Heringszaun aus dem 15. Jahrhundert. Damals gab es noch fast 40 dieser Flechtzäune, die dicht an dicht mitten in der Schlei zu finden waren.
Heute besteht der Heringszaun in der Form eines “W” aus insgesamt 2’000 in den Schleigrund gerammten Pfählen aus Eschenholz mit einer Länge zwischen 1.80 Meter und 4.50 Meter. Diese werden mit waagerecht gesetzten Pfählen ergänzt. Dieses Gesamtkonstrukt wird von den Heringen als natürliches Hindernis betrachtet. Aufgrund der starken Strömung in der Schlei kehren die Fische trotz des Hindernisses selten um und folgen dem immer enger zulaufenden Heringszaun, bis dieser das Ausweichen verhindert und sie abgefischt werden.
Der Zaun ist in Europa der letzte seiner Art. Jedes Jahr wird am Himmelfahrtswochenende an den Heringstagen der Ostseefisch gefeiert.

Die Angelner Dampfeisenbahn verkehrt seit 1980 regelmäßig zwischen Kappeln und Süderbrarup mit fast ausschliesslich Fahrzeugen aus Skandinavien.

Diese Backsteinmauern erzählen eine Geschichte von Nestlé. Der Norden Deutschlands gilt traditionell als Milchgebiet. 1918 wurde das Milchtrocknungswerk neben dem kleinen Bahnhof gegründet. Ab 1928 engagierte sich die Nestlé und stellte Trockenmilch- und Kondensmilchproduktion her, später Säuglingsmilch. Anfang 1943 erfolgte hier die erste Produktion von löslichem Kaffee in Deutschland. Ab den fünfziger Jahren entwickelte sich das Kappelner Nestléwerk zum grössten Hersteller für Säuglingsmilchnahrung in Europa. Die erste Säuglingsmilchnahrung, der erste lösliche Kaffee und der erste Instant-Cappuccino wurden in Kappeln hergestellt.

Sehenswert ist der Museumshafen. Echte Seebären und Hobbypiraten können wahrscheinlich alle Details erklären.

Dunkles Holz von Masten und Rümpfen, geschrubbte Decks und geölte Winschen, verwirrend viele Taue, mit denen Schiffe, Masten und Segel befestigt sind.
Aber auch Sonnenkollektoren und kleine Windrotoren beweisen, dass altes Handwerk, Seefahrttradition und moderne Technik zusammenpassen.

Ohne Strom an Bord für Pumpen und Licht, den Motor oder die vorgeschriebene Funktechnik fährt auch die gute alte Pippilotta nicht aus.

Hier kann man wunderbar blau machen.

Sogar ein Kunsthaus besitzt die kleine Stadt.

Und das isst man in Kappeln an der Schlei.

Weiter ging die Reise Richtung Geltinger Birk.

Mirheiraten gefallen die Reetdächer hier besonders.

Und Leuchttürme. Er heisst Leuchtturm Falshöft.

Von hier aus sieht man weit in die Welt – und tief runter!

Zum Fenster rausschauen ist schön, aber wohnen möchte ich hier nicht!

Der Leuchtturm Falshöft wurde 1910 in Betrieb genommen. Der 24.4 Meter hohe Turm besteht aus sich nach oben verjüngten Gusseisen-Elementen, die beim Bau vor Ort verschraubt wurden. Der aus zwei Galerien bestehende Leuchtturm steht auf einem rot gemauerten Sockel. Als Quermarkenfeuer bezeichnete er die Untiefen Bredgrund und Kalkgrund und war Leit- und Orientierungsfeuer in der Einfahrt der Flensburger Förde.
92 Jahre verrichtete er seinen aktiven Dienst für die Schifffahrt. Die Navigation durch GPS hat Dienste der Leuchtfeuer unnötig gemacht. So wurde auch das Feuer des Leuchtturmes Falshöft am 1. März 2002 gelöscht.

Als Leuchtfeueroptik werden Fresnel-Linsen verwendet, die eine kompakte Bauform, ein relativ geringes Gewicht und einen hohen Öffnungswinkel haben. Mehrere Linsen sind vertikal aufgestellt und nebeneinander auf einem Kreis angeordnet.
Der Kreis ist drehbar gelagert und die Bündel der Linsen erzeugen ein charakteristisches Blinkmuster. Farbfilter, hier ein roter sichtbar, dienen der zusätzlichen Codierung. Aufgrund der Umdrehungszeit besitzt jeder Turm eine spezifische Wiederkehr, die im Leuchtfeuerverzeichnis und in Seekarten publiziert werden.

Und schon gar nicht heiraten, obwohl man das hier im Leuchtturm kann.

In dieser Region entstehen Familien-Feriendörfer mit überzeugenden Konzepten.

Alte Gutshöfe werden umgebaut. Ein schönes Beispiel ist Janbeck*s FAIRhaus von Uta Janbeck, das erste klimapositive Hotel Schleswig-Holsteins.

Hier wird man auch kulinarisch bio, saisonal und regional verwöhnt.

Die Natur ist wild-romantisch.

Eine Mühle steht am Wegrand.

Sie ist in einen Reetmantel warm eingepackt.

Hier beobachtet man gern Vögel…

… Disteln und Kühe …

… und Menschen, die hier Ruhe geniessen.

Sogar Hunde bekommen Aufmerksamkeit.

Das Naturschutzgebiet kann man auf ausgeschilderten Wegen durchwandern – und mit etwas Glück sieht man die wiederangesiedelten kleinen Pferde, die hier einmal heimisch waren.

Ganz anders als auf einem alten Gutshof gestaltet sich ein Aufenthalt im neu renovierten Ostseeresort Damp (unter Schweizer Geschäftsführung), einem riesigen Gebäudekomplex, der in einer bezaubernden Landschaft gelegen, gleichzeitig Familien- und Kurhotel mit beispielsweise Gesundheitscoaching oder Feriendialyse ist.

Nun durchqueren wir Schleswig-Holstein und gelangten nach St. Peter Ording. Trotz miesem Wetter ein freundlicher Ort.

Salzwiesen als Lebensraum stellen besondere Anforderungen an Pflanzen und Tiere. Salzwiesen liegen knapp über dem mittleren Hochwasserstand und werden regelmässig von Salzwasser überflutet.

Hier leben zahlreiche Pflanzen und rund 50 Vogelarten dienen die Salzwiesen als Rast-, Nahrungs- und Brutgebiet. Heimisch sind hier fast 2’000 Insektenarten.

Bis Ende der achtziger Jahre war das Bild der Salzwiesen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste geprägt von weidenden Schafen und kurzgefressenen Gräsern. Inzwischen werden 45 Prozent der Salzwiesen nicht mehr beweidet.

Das schleswig-holsteinische Wattenmeer ist Nationalpark und – ergänzt mit den Halligen – Biosphärenreservat. 2009 erklärten die Vereinten Nationen das Wattenmeer zum Weltnaturerbe der Menschheit.

Zum Glück gibt es Strandkörbe, in die man sich einkuscheln kann.

Dieses Haus auf Stelzen trotzt Ebbe und Flut.

Lange Strandspaziergänge machen glücklich.

Man findet immer etwas.

Nicht zuletzt so was. 🙂

Ein Aufenthalt am Meer tut Leib und Seele gut – egal ob an der Ostsee oder an der Nordsee – oder gleich an beiden.

Hier ein Abschiedsständchen aus Sankt Peter Ording.

Das Meer beginnt an jedem Strand.

Manfred Hinrich

 

nformationen
Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH
Schleswig-Holstein allgemein
Ostseefjord Schlei
Sankt Peter Ording
Kappeln
Gelting
Geltinger Birk
Janbeck*s FAIRhaus
Ostsee Resort Damp
Schutzstation Wattenmeer

Dank
Ich danke Christian Terzic von der Deutsche Zentrale für Tourismus.
Mein besonderer Dank geht an Jana Denker, Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH.

Musik
Eine Entdeckung ist Leopold Friedrich Witt. Er starb in Kiel, Schleswig-Holstein.
Flötenkonzert
Symphony in C-major “Jena”
Symphony No.6 in A-minor “Alla Turca”
Hornkonzert

Schleswig-Holstein Lied.

Literatur
Schleswig-Holstein ist für mich eng verbunden mit Theodor Storm, 1817 in Husum geboren.
Der Schimmelreiter, im April 1888 veröffentlicht, ist Storms bekannteste Erzählung.
Hörbuch

 

Am Meer
Erzählungen und Gedichte

Mit Erzählungen von Colette, Benoîte Groult, Undine Gruenter, Katherine Mansfield, Annette Pehnt, Sylvia Plath und Gedichten von Anna Achmatowa, Rose Ausländer, Ingeborg Bachmann, Gioconda Belli, Marie Luise Kaschnitz, Marina Zwetajewa
Das Meer hat viele Schriftstellerinnen inspiriert. Das Rauschen der Brandung, der Geruch des Tanges, der Blick auf das unendliche Blau, das Berühren des Wassers, der Geschmack des feuchten Salzes, der »Atem des Meeres«, wie es Sylvia Plath nennt, und die ewige Vergänglichkeit der Wellen wecken Erinnerungen, Sehnsüchte, beflügeln die Phantasie. Das Meer als Spiegelung menschlicher Gefühle erscheint als Ort der Kindheit, der Heimat, der Geborgenheit, der Liebe und des Glücks. Oder als Ort der Verwandlung und Wildheit, auch der Bedrohung und des Todes. Die Sehnsucht nach dem Meer behält grenzübergreifend ihre Ambivalenz in den Erzählungen und Gedichten der Schriftstellerinnen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich, Russland und Nicaragua.

Mir gefällt diese Reihe, die in Leinen gebunden ist. Noch immer ist es ein haptisches Vergnügen, solche Bücher anzufassen. Das kleine Buch ist wie ein Buffet mit literarischen Häppchen, die man nach Lust und Laune auslesen, durchlesen und nachklingen lassen kann.

 

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Paella und Postkarten

  1. Mary

    Sooooooo schön!!! Möchte am liebsten Losreisen..!!

  2. ritanna

    Ein Traum, ein Traum !

    wer träumt – der lebt !

    das ist das Wertvollste! weiter zu träumen – immer wieder –

  3. Haller-Ofner

    Ja, Husum war idyllisch, immer wieder typische Häuser mit Rieddächern, immer Gegenwind beim Velofahren…
    Es war schön🤗
    Deine Bilder erinnern mich daran, danke👍

    • Regula Zellweger

      Ich habe Bilder von unserer damaligen Reise gesucht. Nichts gefunden. Weisst Du noch, wie wir uns auf dem Heimweg den ganzen Schimmelreiter angehört hatten?
      Ich freue mich darauf, bis wir wieder einmal gemeinsam reisen können.

  4. Svenska Flicka

    Komme gerade von 30 Ferienminuten aus St. Peter-Ording zurück…Strandbar54 und Nachtessen bei Gosch sind präsent wie wenn es gestern war. Danke, liebe Regula, für die wunderbaren Reiseimpressionen!

  5. Adrian Spiegel

    Liebe Regula
    Ach war das wieder schön mit deinem Bilderreigen das Fernweh zu stillen.
    Hoffentlich kommen bald wieder bessere Zeiten wo uns das verflixte Corona
    verlässt und wir uns wieder die Krone aufsetzen können für neue Reiseziele
    zu ergründen. München und Salzburg ist uns beiden schon mal abhanden
    gekommen. Danke für deine immerwährenden “Blogg-Reisen”.

  6. Elisabeth Glättli

    Fernweh !gerade jetzt in der Zeit da Reisen untersagt ist!Es ist auch schön in den flachen Ländern des Nordens!Danke herzlich für diese wunderbaren Berichte!

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