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Tödliche OlivenBei Xavier Kieffers viertem Fall kommen Olivenöl Fans auf ihre Kosten. Denn neben der spannenden Krimihandlung erfährt man eine Menge über Oliven und die Olivenöl-Mafia. Wer danach noch immer billiges italienisches Olivenöl im Supermarkt kauft, ist selber schuld.

Einmal im Jahr gönnt sich Xavier Kieffer, Koch und Chef des »Deux Eglises« in Clausen, einem Restaurant im luxemburgischen Unterstadtviertel, einen Ausflug nach Italien. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Alessandro Colao fährt er in die Toskana und degustiert Weine und Öle. Colao besitzt in der Toskana eine alte img_0743Olivenmühle, in der er seine exquisiten Öle abfüllt. Der Ausflug bietet Kieffer Gelegenheit, im grossen Stil für das Restaurant einzukaufen.

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Diesmal geht alles schief. Sein Freund versetzt ihn und Kieffer findet heraus, dass Colao bereits Tage zuvor ohne ihn nach Italien aufgebrochen ist. Seither hat niemand mehr etwas von ihm gehört. Der Koch macht sich auf die Suche. Er macht eine ungewollte Bekanntschaft mit drei Bewaffneten, als er in Colaos Olivenmühle nach seinem Freund sucht. In letzter Sekunde findet Xavier Zuflucht in einem grossen, gefüllten Tank mit Olivenöl, dessen Inhalt unmittelbar darauf von den fremden Männern in einen LKW abgefüllt und gestohlen wird. Die Beschreibung, wie der luxemburgische Koch beinahe im Olivenöl ertrinkt, lässt schaudern. Kieffers Sorge um seinen Freund ist gross, doch seine Neugier noch grösser. So findet er heraus, dass Colaos Öl im Tank stark gepanscht und von minderer Qualität war.

Wie der Titel des Krimis vermuten lässt, geht es also um Oliven, insbesondere um Olivenöl und dessen oft denkwürdige Herstellung. Zitat: „Wir Italiener lieben unser Öl. Wir konsumieren 600.000 Tonnen im Jahr. Das Problem: Wir produzieren nur 300.000.“ Und weiter: „Sehen Sie, nicht nur wir Italiener wollen toskanisch extra vergine, sondern auch der Rest der Welt. Weswegen wir weitere 400.00 Tonnen exportieren“.
»Man lernt: „Extra vergine bedeutet, dass das Öl aus gesunden, fachmännisch geernteten Oliven stammt, die binnen 24 Stunden nach der Ernte gepresst werden. Der einzige wichtige chemische Grenzwert ist der Säureanteil, der muss unter einem Prozent liegen.“ „Dann wäre ja so ziemlich jedes Olivenöl extra vergine.“ „Wenn man in den Supermarkt geht, könnte man diesen Eindruck haben. Nicht wahr?“
Kieffer zieht einen Experten für Olivenöl bei. Ulisse di Pietro ist ein schräger Typ, der gern viel und gut isst und trinkt. So bekommt man beispielsweise endlich mit, wie Spaghetti Bolognese traditionell zu kochen sind.
„Wein ist ja so einfach“, lallt Ulisse mit schon ziemlich viel Wein intus. Den müsse man ja nur ein bisschen drücken, schon ergiesse er sich. “Aber die Olive, dass…. das keine puttana, keine Schlampe, nein. Eine Heilige! Verstehssu? Sie will sich nich hingeben, sie bewacht eifersüchtig ihrn … Saft. Öl! Kommsu nur durch viel Arbeit ran.”

Anschliessend erfährt man viel über das muntere mafiöse Ölpanschen in Europa. Und dass man Chlorophyll auch auf andere Weise als durch Salatblätter zu sich zu nehmen kann, denn damit gibt man farbloser Olivenschmiere der untersten Kategorie gern die nötige Farbigkeit.
Von der Lektüre soll man sich die Freude am Olivenöl nicht verderben lassen – aber beim nächsten Einkauf wird man sehr genau auf das Kleingedruckte achten. Am besten holt man sich Olivenöl direkt beim seinem Vertrauens-Produzenten in der Toskana!

Tödliche Oliven, Tom Hillenbrand, Kiepenheuer & Witsch, 320 S., ISBN: 978-3-462-04695-3, CHF 14.90

Völker sind wie die Oliven: Dem leichten Drucke geben sie süßes Öl, dem starken bitteres.

Carl Ludwig Börne