Der Palastgarten von Avignon

Mittelalterliche Häuser, verträumte Plätze und Gässchen, eine imposante Befestigungsmauer, die besungene Brücke und der Papstpalast machen Avignon zu einer Touristenattraktion.

Mein Tipp: Die neu gestalteten Gärten des Papstpalastes.

 

Avignon ist eine Stadt, welche die französische Lebensart widerspiegelt.

Hier lässt es sich leben!

Besonders beeindruckt hat mich das Musée Lapidaire, das mit seiner altägyptischen Sammlung alles andere als lapidar ist.

Hauptattraktion ist der Papstpalast. Die Herrschaft der Päpste in Avignon dauerte von 1309 bis 1376.

Als sich die Päpste in Rom aufgrund von Machtkämpfen Anfang des 14. Jahrhunderts nicht mehr sicher fühlten, wurde Avignon für rund siebzig Jahre zum Sitz der Päpste und damit zur Hauptstadt des Christentums.

Dem Papsttum ist es zu verdanken, dass Avignon heute so besonders ist und über unvergleichbare Bauwerke verfügt.

Schaut weder gut noch zufrieden aus.

Bekannt ist der Papstpalast, einer der glanzvollsten Höfe des Mittelalters. Clemens VI. liess den Neuen Palast erbauen. Er kaufte 1348 die Stadt Avignon. So wurde es Teil des Kirchenstaates. Papst Innozenz VI. baute die Stadtmauer, es entstanden gotische Kirchen, eindrucksvolle Kardinalslivrées, Klöster und Türme.

Im Schlepptau der reichen Päpste kamen Kardinäle, Kleriker, Adlige, Kaufleute, Architekten, Bildhauer, Künstler und Handwerker nach Avignon. Die Stadt wuchs und wurde zu einem intellektuellen, künstlerischen und kulturellen Zentrum des Mittelalters. Rund 30’000 Menschen sollen damals in der provenzalischen Stadt gelebt haben. Heute sind es knapp 100’000.

Zur Zeit der Päpste lebten innerhalb der Stadtmauern Kardinäle und Adlige in Prunk und Wohlstand.

Ausserhalb der Stadtmauern begegnete man menschlichem Elend. Bettler, Tagelöhner und Prostituierte lebten ausserhalb der Stadt. Katastrophale hygienische Bedingungen begünstigten Krankheiten. 1349 kostete der Ausbruch der Pest rund 11’000 Menschen das Leben.

Nach der Ernennung eines Gegenpapstes kam es zur Spaltung der katholischen Kirche, die erst mit dem Konzil von Konstanz behoben werden konnte.

Insgesamt übten sieben römische Päpste und zwei Gegenpäpste ihr Amt in Avignon aus.

Bild: Jean-Marc Rosier aus http://www.rosier.pro, aus Wikipedia

Die monumentale Residenz der Päpste ist das grösste gotische Bauwerk der Welt. Die Fläche umfasst 15’000 m², das entspricht 4 gotischen Kathedralen. Über zwanzig Räume können besichtigt werden, insbesondere die Privatgemächer der Päpste mit wunderbaren Fresken des italienischen Künstlers Matteo Giovannetti.

Mit der Ankunft der Päpste in Avignon wurde das Dorf Châteauneuf-Calcernier als Anbauort gewählt, um den Palast mit Wein zu versorgen, der Wein des Papstes genannt wurde. So wurden beispielsweise von 1325 bis 1334 mehr als 3’000 Liter Wein im Palais des Papes verkauft. Heute tragen 3’200 Hektar Rebfläche die Appellation Châteauneuf-du-Pape und ihre Weine werden auf der ganzen Welt geschätzt.

Jährlich besichtigen über 560’000 Besucher den Palast. Mein Interesse galt aber weniger der Prunksucht von Kirchenmännern als den Gärten.

Urban V zeichnete sich eher durch Bescheidenheit aus – und er liebte Gärten.

In den Palastgärten gibt es noch Überreste der Obstgärten von Papst Urban V. im 14. Jahrhundert.

Er erklärte bei seiner Ankunft im Schloss: “Aber ich habe nicht einmal ein Stück Garten, um ein paar Obstbäume wachsen zu sehen, meinen Salat zu essen und eine Traube zu pflücken”.

Er erweiterte die Gärten.

Heute sind Papst- und Palastgarten sowie der Obstgarten von Urban V. als mittelalterliche Gärten mit mediterranen Pflanzenarten ein Publikumsmagnet.

Das Wasserleitungsnetz aus dem 14. Jahrhundert wurde als strukturierendes Element für den Jardin du Palais gewählt.

Es grenzt grosse Rechtecke ein, die mit mediterranen Pflanzenarten bepflanzt wurden, die nachweislich bereits im 14. Jahrhundert in diesen päpstlichen Gärten wuchsen.

Der Jardin du Pape ist ein lauschiger Garten, zu dem es einen direkten Zugang von den Gemächern des Papstes gab.

Bienen wohnen im Palastgarten.

Durch die Neugestaltung mit dem Nachbau des Brunnens „fontaine du griffon“ und der wieder angelegten Blumenwiese, die diesen ursprünglich umgab, erhielt er seinen ursprünglichen Charakter wieder.

Das berühmte imposante Gebäude La Roma, von dem nur Spuren am Boden erhalten geblieben sind, wird in Form einer monumentalen Pergola nachgebildet, die letztendlich komplett mit Pflanzen bewachsen sein wird.

Rocher des Doms heisst eine Felsengruppe im Stadtzentrum, auf dem der Jardin des Doms angelegt ist, ein wunderschöner, öffentlicher Garten im Englischen Stil.

Dieser Garten auf dem Felsen mit Blick auf den Papstpalast bietet einen herrlichen Panoramablick auf die Altstadt, die Denkmäler und Landschaften der Rhoneebene bis hin zum Mont-Ventoux.
Im neunzehnten Jahrhundert wurden hier Bäume gepflanzt, Rasenflächen angelegt, Wassertanks eingerichtet, ein Teich geschaffen und Statuen berühmter Persönlichkeiten aufgestellt.

Ich erreichte den Garten über die steile Sainte Anne Treppe, die sich auf der Rückseite des Palais des Papes befindet.
Und verliess ihn wieder zurück zum Palastplatz.
Wir besuchten die Gärten im März, im Verlauf des Sommers blühten hier bestimmt viele Blumen und es gediehen Gemüse und Heilkräuter.
Die Brücke von Avignon ist dank des Kinderliedes bekannt. darum rankt sich die Geschichte des jungen Hirten Bénezet, der 1177 aus den Ardèche-Bergen kam und sagte, er sei von Gott gesandt, um in Avignon eine Brücke zu bauen – und wurde ausgelacht.
Der Prälat forderte den Hirten auf, einen riesigen Stein zu schultern und in die Rhône zu werfen. Bénezet zögert keinen Augenblick und unter den Augen der verblüfften Menge hob er den Steinblock, warf ihn ins Wasser und ging damit als Heiliger Bénezet in den Volksglauben ein. Der Bau der Brücke war eine Ingenieur-Herausforderung.
Die Brücke St-Bénezet ist vermutlich das älteste Bauwerk über die Rhône zwischen Lyon und dem Meer. Im Mittelalter gehört die Brücke St. Bénezet zu einer der wichtigsten Pilgerstrecken zwischen Italien und Spanien. Für die Päpste war sie unentbehrlich.

Die Bewohner von Avignon tanzten nicht auf der Brücke, sie war zu schmal für Farandole und Sarabande. Aber die Inseln mit ihren Ausflugslokalen waren ein gern besuchter Ort für Picknicks im Grünen.

Die Ufer der Rhône wurden ab dem 19. Jahrhundert zu Freizeitorten.

Im 15. Jhdt. erinnern viele Volkslieder bei Hochzeiten an den Pont d’Avignon. Diese Volkslieder inspirierten vielleicht Pierre Certon, den Komponisten der Chapelle du Roy im 16. Jhdt. Der damals sehr bekannte Kabarettist schrieb ausser komischen und anstössigen Anekdoten auch religiöse Werke. Er komponierte eine Messe „Sur le Pont d’Avignon“, deren Melodie keine Ähnlichkeit mit dem Chanson hat. Die Melodie des Abzählreims in seiner heutigen Form erschien 1853 in der Operette von Adolphe Adam „L’Auberge Pleine“ – bekannt wurde einige Jahre später die Operette „Sur le Pont d’Avignon“, komponiert 1876.

Der Schlechtigkeit der Päpste verdankt die Menschheit viel.

Oscar Wilde, 1854 – 1900

Informationen
Vaucluse Tourisme
Vaucluse für Pflanzen- und Gartenfreunde
Provence-Alpes-Côte d’Azur
Avignon Tourismus
Musée Lapidaire

Dank
Mein Dank geht an Caroline Ducasse und Vaucluse Tourisme.

Musik
Sur le pont d’Avignon
Pierre Certon – Chansons, arrangiert für Gitarre
Adolphe Adam –  Ave Verum
Adolph Adam, Walzer aus dem Ballett Giselle
Lasst uns mit Charles Gounod und Giacomo Meyerbeer Walzer tanzen – wenn auch nicht unbedingt auf einer Brücke:
Faust Walzer – Charles Gounod
Walzer aus “Die Königin von Saba” – Charles Gounod
Meyerbeer/Strauss – Robert-Tänze für Orchester Op. 64
Giacomo Meyerbeer – Fackeltanz
Kein Walzer, aber auch schön: Trauermarsch für eine Marionette, Charles Gounod

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  1. Ruth Ofner

    Liebe Regula, vielen Dank für diesen spannenden Bericht. Die Provence ist immer eine Reise wert. Nur im Frühling war ich noch nicht dort 😊 …
    En herzlichä Gruäss, Ruth

  2. Rudolf Hild

    Ihre Beiträge: immer wieder erfrischend und aufhellend in dunklen, schweren Zeiten

  3. Martin Romer

    Wundervoll – eine Stadt der Träume – da werde ich einen meiner Träume dann bald mal in die Realität umsetzten und die Reise dahin unternehmen. Herzlichen Dank für den Appetizer.

  4. Ritanna

    Genüsslich dies Schlendern in der Päpste Stadt. Die Prunksucht, nicht die Religion trug zur Spaltung bei, die die Reformation anfangs 16.Jahrhundert herausforderte.

    Unterschiedlich: die Schlechtigkeit hinterliess uns heutigen viele schöne historische Stätte; im Gegensatz was heutige Zaren im Kremel an Verwüstung und Leid der Menschheit hinterlassen.

  5. Rolf Blickling

    Du hast Erinnerung in mir wach gerufen.
    Besuchte die geschichtsträchtige Stadt vor mehr als
    50 Jahren
    Danke

  6. Elisabeth

    ja, es war sicher ein spannender Tag in Avignon, mit beeindruckenden Besichtigungen und überraschenden kulturellen Leckerbissen…
    du hast das wichtigste schwungvoll zusammengefasst!

  7. Susanne

    Herzlichen Dank für den interessanten Bericht, illustriert mit den wunderschönen Fotos!
    Liebe Grüsse Susanne

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